Ist Liebe ohne Treue möglich? Kann ein Paar glücklich sein, das sich sexuell nicht treu ist? Die gängige Vorstellung einer gelungenen Partnerschaft ist, dass beide Partner einander die Treue halten. Liebe und Sex sind entsprechend dem eigenen Partner vorbehalten, ansonsten wird von Fremdgehen oder Ehebruch gesprochen, was oft das Aus der Beziehung bedeutet. Vor allem, wenn die Vorstellung von Sexualität der beiden Partner auseinanderdriftet, kommt bei dem einen oder anderen Partner vielleicht die Frage auf, ob nicht auch eine offene Beziehung eine Lösung wäre. Doch kann das wirklich funktionieren?
Inhalte des Artikels “Offene Beziehung/Polyamorie: Kann das funktionieren?” im Überblick
+ Was bedeutet offene Beziehung bzw. Polyamorie?
+ Sehnsucht und Eifersucht bei offenen Beziehungen
+ Die wichtigsten Regeln für offene Beziehungen
+ Risiken einer offenen Beziehung
+ Fazit
Was bedeutet offene Beziehung bzw. Polyamorie?
Eine offene Beziehung bzw. eine offene Ehe ist eine Vereinbarung zwischen zwei Partnern, Zärtlichkeiten, Küsse, Sex usw. auch mit anderen Menschen außerhalb der eigenen Beziehung ausleben zu dürfen. Neben der vertrauensvollen Liebesbeziehung, die das Paar verbindet, sind entsprechend sexuelle Abenteuer erlaubt. Damit soll dem Frust über das gemeinsame Sexleben und dem Fremdgehen vorgebeugt werden. Heimlichkeiten, Verletzungen und Lügen sollen dadurch nicht mehr notwendig sein und die Partnerschaft gerettet werden.
Polyamorie wird oft mit einer offenen Beziehung gleichgesetzt. Das ist allerdings ungenau. Denn während eine offene Beziehung nur Sexualität außerhalb der eigentlichen Beziehung erlaubt, werden bei der Polyamorie mehrere emotionale Bindungen eingegangen. Eine offene Beziehung geht also immer von einer einzigen festen Partnerschaft und lediglich sexuellen Abenteuern außerhalb dieser Partnerschaft aus. Bei Polyamorie werden hingegen mehrere Liebesbeziehungen parallel geführt.
Allgemein entsteht Polyamorie in der Regel eher zufällig, weil sich ein Partner in eine weitere Person verliebt und mit seinem festen Partner darüber spricht. Eine offene Beziehung wird hingegen meistens von beiden Partner vereinbart, bevor es zu sexuellen Abenteuern außerhalb der Partnerschaft kommt.
Sehnsucht und Eifersucht bei offenen Beziehungen
Auf den ersten Blick sieht es logisch aus: Fehlt einem Partner etwas in der Beziehung oder kann er sexuell nicht treu sein, können seine Bedürfnisse in einer offenen Beziehung leichter befriedigt werden. Damit steht seinem Glück theoretisch nichts mehr im Weg.
Doch so einfach ist das nicht. Denn zu einer offenen Beziehung gehören immer zwei und es müssen sich beide Partner in der offenen Beziehung wohlfühlen können, damit dieses Konzept funktionieren kann.
Hat der eine Partner Sehnsucht nach sexuellen Abenteuern und der andere neigt zu Eifersucht, ist die offene Beziehung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Deshalb kann eine offene Beziehung nur gelingen, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden.
Die wichtigsten Regeln für offene Beziehungen
1. Gemeinsamer Entschluss: Sind beide Partner wirklich damit einverstanden oder stimmt einer nur zu, um den anderen nicht zu verlieren? Eine offene Beziehung kann nur funktionieren, wenn beide denken, damit glücklicher zu werden als in einer monogamen Beziehung. Fühlt sich einer der Partner unter Druck gesetzt, ist das eine schlechte Ausgangsbasis.
2. Detaillierte Regeln: Reden beide über das gleiche Konzept oder stellt sich einer eine offene sexuelle Beziehung und der andere polyamouröse Beziehungen vor? Beide Partner sollten ihre Gedanken und Vorstellungen detailliert darlegen, was sie unter einer offenen Partnerschaft verstehen. Auch die Grenzen in den Beziehungen außerhalb der Partnerschaft müssen genau abgesprochen werden. Was ist erlaubt und was nicht? Grenzen des Partners sollten bedingungslos akzeptiert werden.
3. Ehrliche Absprachen: Soll über den Sex mit anderen außerhalb der festen Partnerschaft gesprochen werden oder darf weder gefragt noch davon erzählt werden? Hier sind konkrete Absprachen zwischen den Partnern wichtig, damit niemand unabsichtlich verletzt wird. Fühlt sich ein Partner damit wohler, sollte ehrlich über die Affären berichtet werden. Lügen sind Gift – auch für eine offene Beziehung.
4. Festgelegte Tabus: Darf die offene Beziehung auch in einem Swingerclub ausgelebt werden? Sind romantische Dinner mit der Affäre erlaubt oder nur reiner Sex? Solche Tabus sollten unbedingt vorher angesprochen werden, damit es nicht wider Erwarten zu Eifersucht kommt. Wichtige Tabus sind: kein Sex mit dem Expartner, Freunden oder Bekannten und kein Sex in der gemeinsamen Wohnung.
5. Langsames Herantasten: Wann soll wieder über die offene Beziehung gesprochen werden? Auch wenn beide Partner mit einer offenen Beziehung einverstanden sind, kann es sich herausstellen, dass sich einer oder beide letztendlich damit doch nicht so wohlfühlen wie gedacht. Am besten wird erstmal ein begrenzter Zeitraum für die offene Beziehung festgelegt und dann über die Gefühle und gegebenenfalls die Anpassung der Regeln gesprochen.
6. Offene Kommunikation nach außen: Damit es nicht zu Missverständnissen bei Freunden, Bekannten und Verwandten kommt, sollte das vereinbarte Beziehungsmodell zumindest im engeren Umfeld offen thematisiert werden. Das gilt auch für die Affären selbst, die nicht um Unklaren über den festen Beziehungsstatus gelassen werden sollten. So werden falsche Hoffnungen und Erwartungen vermieden.
7. Safer Sex: In offenen Beziehung ist Safer Sex besonders wichtig. Dabei geht es nicht nur um Verhütung, sondern immer auch um die Vermeidung von sexuell übertragbaren Krankheiten. Mit Safer Sex schützen sich die Partner nicht nur gegenseitig, sondern auch zukünftige Affären.
8. Absolute Ehrlichkeit: Einer der Partner kommt mit der offenen Beziehung doch nicht zurecht? Die Eifersucht kriecht gefährlich durch sein Herz? Auch wenn sich eine offene Beziehung verlockend angehört hat, kann sie sich in der Realität ganz anders anfühlen. Darüber sollte unbedingt mit dem Partner gesprochen werden, um eine Lösung zu finden, zum Beispiel durch Anpassung der Regel oder Tabus. Denn sonst ist die Beziehung tatsächlich gefährdet.
9. Feste Partnerschaft als Priorität: In einer offenen Beziehung sollte die feste Partnerschaft immer oberste Priorität haben. Deshalb sollte der gemeinsamen Zeit genug Raum gelassen werden, sonst verliert man das Gemeinsame aus den Augen. Am besten legen Sie feste Zeiten fest, die nur Ihrer Zweisamkeit gehören. Denn auch eine offene Beziehung ist und bleibt eine Liebesbeziehung, die auf Dauer angelegt ist.
Risiken einer offenen Beziehung
Auch wenn oben alles so einfach klingt: Eine offene Beziehung birgt immer auch ein großes Risiko. Natürlich kann es immer passieren, dass sich der eigene Partner in eine Affäre verliebt. Hier muss der Partner darauf vertrauen, dass die Verliebtheit bald vorbei ist und die gemeinsame vertraute Liebesbeziehung solche Gefühle aushalten kann – oder der Partner lässt sich darauf ein, statt offener Beziehung nach den Prinzipien der Polyamorie zu leben.
Wichtig ist, immer offen über die eigenen Befürchtungen und Gefühle zu sprechen. Das beugt Eifersucht vor, stärkt das Vertrauen und intensiviert die Liebe als Basis Ihrer Partnerschaft.
Fazit
Eine offene Beziehung kann funktionieren, wenn beide Partner diese Form der Partnerschaft wirklich wollen, detaillierte Absprachen treffen, Tabus festlegen, sich langsam an die Affären herantasten, das Beziehungsmodell nach außen kommunizieren und Safer Sex praktizieren. Dass beide Partner dabei absolut ehrlich zueinander sein und der gemeinsamen Partnerschaft immer Vorrang einräumen müssen, versteht sich dabei von selbst.
Haben Sie weitere Fragen zu dem Thema „Offene Beziehung/Polyamorie“ oder brauchen Unterstützung, um Ihre Beziehung auf eine neue Ebene zu bringen? Dann schreiben Sie mir gern per E-Mail oder rufen Sie mich an!
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Über Paarberater Julian Ramin Burstedde
Ich wurde 1979 geboren, bin Vater zweier Kinder und seit 2010 glücklich verheiratet. Das kann ich jetzt mit Überzeugung sagen. Aber auch wir hatten unsere Höhen und Tiefen. Als Paartherapeut unterstütze ich Sie gerne auf Ihrem gemeinsamen Weg.
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