„Normale“ Gespräche sind kaum mehr möglich. Ein Wort ergibt das andere. Eigentlich ging es um nichts. Eine Lappalie, die wieder mal zu einer Grundsatzdiskussion geführt hat. Der Partner versteht alles als Vorwurf, Sie reden aneinander vorbei oder der Partner macht Vorwürfe.

Und dabei war doch eigentlich alles ok. Wie kommt man jetzt wieder aus diesem Teufelskreis der ständigen Vorwürfe vom Partner raus? Und zwar ohne das Gesicht zu verlieren? Wie funktioniert der Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen? Geht das überhaupt? Ja, aber man muss es üben!

Inhalte des Artikels “Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen” im Überblick

+ Was ist ein Vorwurf?
+ Grenzbereich zwischen konstruktiver Kritik und ungerechtfertigtem Vorwurf?
+ Was mache ich in der konkreten Situation des ungerechtfertigten Vorwurfs?
+ Was mache ich, wenn ich ein bisschen Abstand gewonnen habe?
+ Paartherapie und Paarberatung zum Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen?
+ Fazit zum Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen

Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen in der Beziehung
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Was ist ein Vorwurf?

„Er rastet aus und gibt mir die Schuld.“ Nichts ist belastender als ständige Vorwürfe vom Partner. Definitionen des Begriffs Vorwurf gibt es unterschiedliche. Im Allgemeinen wird darunter eine Äußerung verstanden, mit der das Verhalten eines anderen Menschen beanstandet wird.

Ganz einfach, sollte man meinen. Aber was macht das Thema „Vorwürfe in der Beziehung“ und den Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen oft so schwierig?

Grenzbereich zwischen konstruktiver Kritik und ungerechtfertigtem Vorwurf

Schwierig ist die Einschätzung, ob die Äußerung als konstruktive Kritik oder ungerechtfertigten Vorwurf gemeint ist. Das gilt für beide Perspektiven:

  • Perspektive des Senders: Der „gut-meinende“ Sender einer Äußerung muss darauf achten, dass das, was er sendet, beim Empfänger auch als „gut gemeint“ ankommt. Hier kommt es oftmals auf Feinheiten in Formulierung, Tonlage, Gestik und Mimik an.
  • Perspektive des Empfängers: Der Empfänger steht nun vor der großen Frage: Meint der Sender es gut? Geht es ihm um die Sache? Oder will er mich persönlich angreifen?

Natürlich sind die Grenzen hier sehr oft fließend, ob der Partner Vorwürfe macht. Und gerade deshalb ist es mit so vielen Missverständnissen verbunden. Aber wie soll man mit dieser Unsicherheit umgehen, wenn doch die Entscheidung in die eine oder andere Richtung innerhalb von Sekunden fällt?

Was ist der richtige Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen? Wie kann man sich weniger angegriffen fühlen, so dass Kritiken einen nicht aus der Bahn werfen? Kann man Kritik weniger persönlich nehmen?

Was mache ich in der konkreten Situation des ungerechtfertigten Vorwurfs?

Sie erleben ständige Vorwürfe vom Partner. Wer ist bei Streit immer schuld? Ich. Der Partner gibt nie Schuld zu. Und nun? Nehme ich die Kritik an? Ist es richtig, auf die Kritik zu reagieren?

Es ist absolut menschlich, in der Beziehung mit Rechtfertigung, Abwehr oder Gegenangriffen zu reagieren, wenn Kritik geäußert wird. Leider verstärkt das in der Regel die Kritik des Partners. Die goldenen Regeln lauten hingegen:

  • Zuhören
  • Danken
  • Verständnis zeigen
  • Herausfinden, was der Partner will
  • Vereinbarung aushandeln

Da diese Regeln in einer emotionalen Situation nicht immer befolgt werden oder beim Gegenüber nicht immer die gewünschte Wirkung erzielen, kann auch folgender Weg gewählt werden. Die Diskussion gesichtswahrend vertagen. Damit

  • gibt man seinen eigenen Standpunkt nicht auf.
  • wertet den Standpunkt des anderen nicht ab.
  • vermeidet man einen Teufelskreis.

In wörtlicher Rede kann das beispielsweise so klingen: „Ich habe den Eindruck, dass wir hier jetzt gerade nicht weiterkommen. Lass uns das nochmal mit ein bisschen Abstand besprechen. Ich glaube, das ist uns beiden sehr wichtig.“ Erleben Sie ähnliche Situationen, probieren Sie es auf diese Art und Weise mit der Kritik umzugehen!

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Was mache ich, wenn ich ein bisschen Abstand gewonnen habe?

Wenn Sie Abstand gewinnen konnten, sollten Sie darüber nachdenken, was den Partner zu seinen (ungerechtfertigten) Vorwürfen bewegt haben kann. Zentrale Frage dabei ist: Welches Bedürfnis steht hinter seinen Vorwürfen? Worum geht es ihm wirklich?

Das darf nicht missverstanden werden als Rückzug, Resignation oder Vermeidungsverhalten. Bleiben Sie in Kontakt mit Ihrem Partner und sprechen Sie ihn darauf an. Ziel muss es sein, gegenseitiges Verständnis zu entwickeln.

Paartherapie und Paarberatung zum Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen?

Paare, welche aus dem Teufelskreis gegenseitiger Vorwürfe in der Partnerschaft nicht herauskommen, stecken in der sogenannten Problemtrance. Dies wird oftmals zum Anlass genommen, eine Paartherapie bzw. Paarberatung aufzusuchen. Das kann z. B. ein sinnvoller Weg sein, wenn einer der Partner das Gefühl hat: “Mein Partner versteht mich einfach nicht!”.

Wichtig ist dabei, dass sich beide Partner im Klaren darüber sind, dass der Paartherapeut bzw. Paarberater kein Schiedsrichter ist. Er entscheidet nicht darüber, wer mit seiner Kritik bzw. seinen Vorwürfen „Recht“ oder „Unrecht“ hat.

Vielmehr besteht eine Paartherapie bzw. Paarberatung zum Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen in der Beziehung im Wesentlichen aus drei Bausteinen.

Paartherapie / Paarberatung zum Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen – Baustein 1: Gewaltfreie Kommunikation

Im ersten Baustein wird mit dem Paar an seiner Kommunikation gearbeitet. Als Modell der Kommunikation bietet sich hier vor allem die „Gewaltfreie Kommunikation (GfK)“ des amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg an. Diese soll dabei helfen, eigene Wünsche zu äußern, jedoch unter Verzicht auf rhetorische Machtmittel wie

  • Schuldzuweisungen
  • Forderungen
  • Wertungen
  • Verallgemeinerungen
  • Verabsolutierungen
  • Vergleiche

Die Gewaltfreie Kommunikation besteht aus vier Schritten und setzt dabei auf sogenannte Ich-Botschaften, die sich auf den Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen übertragen lassen:

  • 1. Schritt: Eigene Beobachtungen schildern, ohne zu werten
  • 2. Schritt: Eigene Gefühle ausdrücken
  • 3. Schritt: Eigene Bedürfnisse benennen
  • 4. Schritt: Erfüllbare Bitte aussprechen

In wörtlicher Rede kann das beispielsweise so klingen:

“Ich höre Dir seit zehn Minuten dabei zu, was ich heute alles hätte besser machen können. Irgendwie bin ich gerade enttäuscht, weil ich das Bedürfnis nach mehr Wertschätzung habe. Ich wäre Dir dankbar, wenn Du auch die Dinge anerkennen würdest, die ich heute geschafft habe.”

anstatt

“Du nörgelst die ganze Zeit an mir rum. Weisst Du eigentlich, wie mich das ankotzt? Was ich heute alles geschafft habe, siehst Du überhaupt nicht. Vielleicht schaust Du mal nicht nur auf das, was Dir in den Kram passt.”

Die Gewaltfreie Kommunikation wird mit dem Paar in den Sitzungen anhand konkreter Beispiele aus deren Leben geübt. Dem Paar wird auch mitgegeben, dies bis zur nächsten Sitzung im täglichen Leben weiter zu üben. Auch wenn es sich gerade am Anfang ungewohnt und fremd anfühlen mag. Mit Kritik umgehen wird so bereits erleichtert.

Paartherapie / Paarberatung – Baustein 2: Sammlung kommunizierter Bedürfnisse

Der zweite Baustein besteht aus der Sammlung kommunizierter Bedürfnisse. Wenn die Partner sich in Gewaltfreier Kommunikation üben, werden sie dabei immer wieder Bedürfnisse konkret benennen (siehe oben 3. Schritt der GfK).

Diese kommunizierten Bedürfnisse sollten bestenfalls niedergeschrieben werden, um sie im dritten Baustein in das tägliche Leben zu übertragen.

Paartherapie / Paarberatung – Baustein 3: Analysierte Bedürfnisse ins tägliche Leben übertragen

Was bedeuten diese Bedürfnisse für die konkrete Situation? Welche Bedeutung haben sie im täglichen Leben des Paares? Wo treten diese normalerweise auf? Wie wünscht sich der Partner den Umgang mit diesen Bedürfnissen?

Je konkreter Therapeut und Paar miteinander die Bedürfnisse auf das tägliche Leben übertragen können, umso erfolgversprechender ist der Verlauf der Therapie zum Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen.

Fazit zum Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen

Hinter dem, was gemeinhin lapidar als ständige Nörgelei abgetan wird, steht oft eine Menge mehr. Es ist zum einen die Art des Umgangs miteinander. Zum anderen aber ebenso wichtig das Sich-Klarwerden über eigene Bedürfnisse und die Bedürfnisse des anderen.

Werden beiden Partnern die gegenseitigen Bedürfnisse klar, können sich viele Probleme wie von selbst lösen. Oder dazu führen, dass man zur Überzeugung kommt, neue Wege beschreiten zu müssen.

Haben Sie weitere Fragen zu dem Thema wie der Umgang mit ungerechtfertigten Vorwürfen am besten funktioniert, schreiben Sie mir gern per E-Mail oder rufen Sie mich an!

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